Bereits vor einiger Zeit habe ich bei Julia von Windelwissen den (Montessori) windelfrei Kurs gemacht. Leider ist dieser Kurs aktuell nicht mehr verfügbar, was ich gar nicht verstehen kann (könnte mir vorstellen, dass sie es vielleicht nicht so nennen darf, da sie keine ausgebildete Montessori Pädagogin ist?!). Sie hat sich so viel Mühe damit gegeben und ihn wirklich so toll gemacht, dass ich eigentlich nur davon schwärmen kann. Von Ärztemeinungen, über Gehirnforschung bis zu Signalkarten zum ausdrucken. Es kam wirklich alles im Kurs vor, was man so wissen muss und was helfen kann. Hier könnt ihr einen Blogbeitrag von ihr lesen: Um mit Windelfrei zu beginnen, ist es nie zu spät
1. das Kind muss erfahren dürfen, was eigentlich passiert
Wird ein Kind in Wegwerfwindeln gewickelt, fühlt es sich immer trocken an. Es hat seine Toilette immer bei sich, wie praktisch. Es gibt also eigentlich gar keinen Grund sein Spiel zu unterbrechen, sich auszuziehen und auf ein Töpfchen oder aufs Klo zu gehen...
Julia hat im Kurs verschiedene Windel-Optionen vorgestellt, bei denen das Kind eher spüren kann, dass es nass wird, als bei Wegwerf-Windeln. Aber am deutlichsten spürt das Kind, dass es nass wird, wenn es gar keine Windel anhat! Damit meine ich aber nicht, dass das Kind die ganze Zeit nackt rumrennen soll. Denn wenn ein Kind nackt ist, dann ist eben der Boden die Windel. Es geht einfach einen Schritt weiter und dort ist alles wieder trocken (aber immerhin kann es sehen, was gerade vor sich geht).
→ Ich habe David einfach keine Windel mehr angezogen, sondern stattdessen eine Unterhose. Mir war also klar, dass es auf jeden Fall nass werden würde. Als ich sah, dass die erste Hose nass wurde, musste ich ihn erstmal darauf aufmerksam machen. Ich sagte: "Du hast Pipi gemacht. Die Hose ist nass, wir werden eine trockene Hose anziehen"
2. die vorbereitete Umgebung
Noch bevor David seine erste nasse Hose hatte, habe ich unser WC montessorigerecht eingerichtet. Bislang stand nur sein Töpfchen darin (später mehr dazu). Dieses Töpfchen bekam er bereits 3 Monate vorher und er setzte sich täglich darauf, wenn ich auch auf die Toilette gegangen bin und er mich begleitete. Nur wollte er damals auf jeden Fall seine Hose dazu anbehalten.
Ich ergänzte nun:
- einen Badvorleger, damit seine Füße immer warm sind (beim längeren sitzen und umziehen)
- eine Box mit Wechselkleidung (Unterhosen, Socken, Jogginghosen, Strumpfhosen)
- ein Körbchen für nasse Wäsche
- einen Hocker zum umziehen
- eine Box mit Bilderbüchern
3. Hilf mir es selbst zu tun!
Der Leitsatz von Maria Montessori gilt natürlich auch beim Trockenwerden. Denn es bringt ja nichts, das Kind eben statt einer Windel, mit Kleidung zu wickeln. Natürlich habe ich bereits im Vorfeld darauf geachtet, meine Hilfe niemals aufzuzwingen und David alles, was er bereits selbst tun kann, auch tun lassen. Getreu diesem Motto: "Hilf mir es selbst zu tun! Zeig mir, wie es geht. Tu es nicht für mich. Ich kann und will es allein tun. Hab Geduld meine Wege zu begreifen. Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche machen will. Mute mir Fehler zu, denn aus ihnen kann ich lernen."
→ David konnte sich bereits selbständig ausziehen. Als er nun also eine nasse Hose hatte und ich ihn darauf hingewiesen habe, führte ich ihn in unser WC und er hat dort die nasse Kleidung selbstständig ausgezogen und ich habe ihm geholfen in eine trockene Unterhose zu steigen. Hochziehen kann er die Hosen selbst. Nachdem es 3 x genau so ablief, ist er dann auf mich zugekommen, wenn er gemerkt hat, dass seine Hose nass war und er sich umziehen wollte. Ab dem 3. Tag zog er sich dann bereits vollkommen selbstständig aus, wenn er nass war, ganz ohne mir Bescheid zu geben. Die nasse Kleidung legte er in das bereit stehende Körbchen und dieses Körbchen brachte er ins Badezimmer und leehrte es in der Waschmaschine aus (so habe ich es ihm gezeigt). Wie die Waschmaschine funktioniert, wusste er auch bereits im Vorfeld. Da musste ich ihn eher immer einbremsen. Denn er hätte sie sofort eingeschaltet, auch für nur 1 Hose.
4. die richtige Kleidung
Damit David sich alleine und ohne Hilfe umziehen kann, braucht es die richtige Kleidung. Das heißt, die Bodyzeit war nun endgültig vorbei. Und ich habe die Bodies sooooo sehr geliebt! Aber ein Kleinkind kann diese nicht alleine öffnen und schließen, außerdem sind sie zu lang und beim Töpfchengang im Weg. Stattdessen gibt es nun Unterhemden, die in die Unterhose gesteckt werden. Auch die Hosen müssen praktisch sein! Das heißt, die Hosen sollten Gummibündchen und keine Knöpfe oder sonstige Verschlüsse haben.
Wenn man nur zu Hause ist (die ersten 3 Tage verbrachten wir nur bei Regenwetter alleine zu Hause), kann man auch Jogginghosen nehmen, die eigentlich bereits eine Nummer zu klein sind, denn man braucht ja einige.
5. das Töpfchen
Es soll ja nicht dabei bleiben, dass das Kind ständig die Hosen nass macht und sich immer umziehen muss. Nein! Natürlich braucht das Kind eine Alternative! Das Töpfchen oder die Toilette. Ich habe mich für ein Töpfchen entschieden, das genau so aussieht wie eine echte Toilette.
David kannte Toiletten aus seinen Bilderbüchern und er beobachtete uns wie wir aufs Klo gehen. Also sollte er es bequem und möglichst einfach nachmachen können → auf einem schönen weißen kleinen Kinder-Klo auf der richtigen Höhe. Es gibt einige Anbieter dafür und ich habe mir viel Zeit genommen, genau zu schauen, welches dieser Mini-Toiletten auch einen ausreichend hohen Spritzschutz für Jungen bietet. Denn es ist wenig motivierend, wenn dann doch alles neben dem Töpfchen landet.
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herausnehmbarer Töpfchen-Einsatz mit Spritzschutz |
6. Körperfunktionen erspüren und kontrollieren - ein Lernprozess
Am 2. Tag morgens kam David (mit trockener Hose) zu mir und signalisierte, dass irgendetwas los ist. Ich fragte ihn, ob er Pipi machen muss (das Wort "Pipi" hatte er ja bereits einen Tag vorher kennengelernt, siehe Punkt 1. Immer wenn die Hose nass war, sagte ich das selbe zu ihm) und er nickte. Also gingen wir in unser WC. Er zog sich wieder selbstständig die Hosen aus.... und diesmal deutete ich aufs Töpfchen. Das Töpfchen, auf das er sich ohne Kleidung nicht setzen wollte. Julia hatte erklärt, dass viele Kinder das kalte Plastik auf der Haut nicht spüren möchten. Also nahm ich schnell eine Mullwindel und legte sie über den Rand. Und als David das sah... siehe da, setzte er sich auf das Töpfchen! Ich nahm ein Bilderbuch und zeigte es ihm eine Weile. Aber es kam kein Pipi. Das ging an diesem Tag öfter so. David wollte immer wieder auf das Töpfchen gehen, von sich aus... aber es kam (noch) nichts. Die Körperfunktionen zu kontrollieren, muss erst erlernt werden. Auch das bewusste "loslassen".
Wenn die Hose allerdings nass wurde, störte es ihn wirklich. Er lief breitbeinig ins WC um sich umzuziehen oder er wurde wütend und rannte ins WC und setzte sich mitsamt nasser Kleidung frustriert auf sein Töpfchen.
Ab dem 3. Tag versuchte David dann das Pipi länger einzuhalten, was man daran merkte, dass er zappelig wurde und die Beine zusammen kniff. Aber als wir lange genug auf dem Töpfchen Bücher angeschaut haben, landeten tatsächlich die ersten Tröpfchen im Töpfchen. Wie man die Wartezeit auf dem Töpfchen sonst noch verschönern kann, schreibt Julia in ihrem Blog: motivierende Toilettenangebote
7. Bücher
Wir haben dieses Buch selbst gekauft und empfehlen es gerne jedem weiter. Dies könnte als WERBUNG verstanden werden.
Bilderbücher sind eine hervorragende Art, um etwas zu erklären. Natürlich sollte man jetzt keine Bücher wählen, in dem irgendein Tier aufs Töpfchen geht. Am verständlichsten ist wohl unangefochten an erster Stelle das Foto-Bilderbuch "Lotta geht aufs Töpfchen" von Friderike Bostelmann (Bananenblau Verlag). Es gibt zwar etliche Bilderbücher über das Thema, aber hier wird wirklich vom ausziehen bis zum Hände waschen, alles genau in Fotos abgebildet. Und wenn man Fotos sehen kann, dann braucht es im Grunde eigentlich auch keine Worte, um sie verstehen zu können. Dieses Buch ist für jeden verständlich, egal ob er deutsch, englisch oder sonst was spricht.... oder gar nicht spricht.
Als die ersten Tröpfchen im Töpfchen gelandet sind, hat David auch ein Stückchen Toilettenpapier zum abputzen bekommen und dann haben wir den Inhalt wie im Bilderbuch → in die Toilette gekippt und runtergespült. Das fand David sehr spannend. Inzwischen kippt er es selbst ins Klo.
8. windelfrei außerhalb des Hauses?
Am 4. Tag hat es geklappt!!! David versuchte zwar das Pipi einzuhalten, aber wir haben so lange Bilderbücher angeschaut, bis er es nicht mehr halten konnte und es loslief. Das halbe Töpfchen voll 👍 David war vollkommen fasziniert und beobachtete sich selbst dabei.
Danach wollten wir das Haus verlassen....
Julia hatte im Kurs etliche Ideen, was man außerhalb des Hauses alles tun kann, damit nicht alles komplett nass wird z.B. das Auto. Aber dennoch sollte man natürlich konsequent bleiben und das Kind nicht wieder in Windeln stecken. Das würde das Kind verunsichern. Mal kann es in die Windel machen und mal nicht?!?!? Das Kind muss also weiterhin eine Rückmeldung über seine Ausscheidungen erhalten können. Ich entschied mich dazu, über die Unterhose eine Stoffwindelüberhose zu ziehen (ist dann wie ein Trainerhöschen). Falls nur ein paar Tröpfchen in die Unterhose gehen, hätte davon dann niemand was gesehen. Allerdings kann die Unterhose + Stoffwindelüberhose einem richtig großen Pipi niemals stand halten. Deshalb steckte ich zwischen Unterhose und Überhose noch einen kleinen Waschlappen hinein, damit bei anderen Leuten zu Hause nicht gleich ein See Pipi am Boden entstehen kann. Der Waschlappen hätte ein bisschen was aufgesaugt, und der Rest hätte dann noch von der Hose aufgesaugt werden können. Natürlich nahm ich Wechselklamotten mit. Unterwegs machte David keinerlei Anstalten, dass er mal müsste und als wir wieder daheim waren auch nicht. Seine Hose blieb die ganze Zeit trocken, aber ich war mir sicher, dass einige Tropfen darin gelandet sind, auch wenn es kein großes Pipi war. Als ich ihm nach ca 3,5 Stunden die Überhose wieder auszog und den Waschlappen entfernte, war ich total erstaunt. David war komplett trocken! Es ist nicht 1 Tröpfchen in die Hose gegangen! Er konnte also bereits so lange sein Pipi einhalten! Beim nächsten Mal habe ich ihm dann vollkommen vertraut und ihm kein Backup angezogen. Und er blieb trocken. Erst zu Hause ging er aufs Töpfchen.
Für längere Ausflüge werde ich aber wohl noch ein Reisetöpfchen zum mitnehmen besorgen.
9. Innerhalb 1 Woche trocken (tagsüber) !
Ab dem 5. Tag kam das Pipi auf dem Töpfchen immer schneller und die nassen Hosen wurden weniger (an Tag 5 noch 2; an Tag 6 noch 1). Und am 7. Tag musste ich selbst ganz dringend aufs Klo. Er lief mir hinterher und setzte sich ebenfalls auf sein Töpfchen. Und sofort pieselte er los. Ohne Bilderbuch, ohne warten, sondern ganz bewusst. Er wollte pieseln und er tat es. Und er beobachtete sich selbst ganz genau. Seit diesem Zeitpunkt, geht er jedes Mal mit Begeisterung auf sein Töpfchen und beobachtet sich selbst. Selbst wenn er gerade gemacht hat und wir den Inhalt ins Klo gekippt haben, möchte er eigentlich am Liebsten schon wieder auf sein Töpfchen, einfach weil es ihm so Spaß macht 😁 Kinder lieben es, wenn sie etwas selbstständig alleine tun können! Die Bücherbox ist nun überflüssig geworden. Ich denke, dass ich so langsam auch die Wechselkleidung wieder in seinen normalen Schrank räumen werde, zu dem er freien Zugang hat.
In den nächsten Monaten werden sicher immer mal wieder ein paar Tröpfchen in der Hose landen. Einfach weil es Zeit und Übung braucht, die volle Kontrolle über seine Blase zu erlangen. Aber das macht ja nichts. Ich bin vollkommen begeistert, dass das Töpfchentraining bei uns so einfach und problemlos ablief. Julia hatte natürlich noch eine Vielzahl an Tipps für alle Lebenssituationen parat wie z.B. Töpfchenstreik, das Kind will seine Windel behalten, Kind ist tagsüber in der Kita usw.
Von den Montessoripädagogen wird eigentlich empfohlen tagsüber und nachts gleichzeitig trocken zu werden. Ganz besonders wenn es tagsüber mit dem trockenwerden noch nicht so richtig klappen möchte. Das Thema nachts sind wir allerdings trotzdem noch nicht angegangen. Unser guter Schlaf ist uns im Moment wichtiger und es hat ja bisher auch ohne gut geklappt. Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich selbst nachts auch noch 1-2 Jahre länger eine Windel getragen habe, als tagsüber. Eben so lange bis diese Nachtwindel nicht mehr nass wurde.
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